Rettet den Kartoffelsack (... und von mir aus auch die ganzen anderen Säcke aus der Mandarinen- und Zucchini-Fraktion, ich bin da nicht eigen)
Stopp!
Wollten Sie mich gerade in den gelben Sack werfen? Oder noch schlimmer, in den Mülleimer? Sie haben mir zwar soeben ein Loch in den Bauch gerissen, aber das heißt noch lange nicht, dass ich in die Tonne muss. Wissen Sie denn nicht, dass ich aus äußerst stabilem Material bestehe? Nicht umsonst schleppe ich die 10 kg Ardappels ohne mit der Wimper zu zucken. Ich bin schmutzresistent, und wenn ich doch mal dreckig werde, bin ich leicht waschbar und trockne schnell.
Und diese Farben, ich bitte Sie, diese Farben! Zugegebenerweise gibt es mich selbst meist nur in Orange, aber dafür kommen meine Kollegen in strahlendem Gelb, Grün und Rot daher. Wir sind viel zu schade, um als Mikroplastik in irgendeinem Ozeanstrudel zu trudeln. Mal ganz abgesehen von der vielen bad publicity zu dem Thema. ->
-> Glücklicherweise gibt es ja ein paar Menschen, die unser Potenzial gesehen haben. Man kann uns flechten und nähen, häkeln, stricken, besticken, weben und sogar klöppeln. Und wem gar nichts mehr einfällt, der kann ja süße Katzenbabys basteln. Mal ganz davon abgesehen, dass Sie mich gar nicht erst zerfetzen müssten, um an das Gemüse zu kommen. Her mit der Schere, und ich bin schnell wieder nutzbar, z.B. als Sammelsack für Ihre Pfandflaschen oder Schuhbeutel. ->
-> Warum erzähle ich das alles? Ich habe von Ihrer Gutes-Morgen-Initiative gehört und finde, dass wir unbedingt dazu gehören. Wir kosten noch nicht mal viel, im Gegenteil, wir schaffen Werte! Und außerdem, wahrscheinlich wussten Sie das auch nicht – basteln ist gut für die Nerven. Fahren Sie zur Reha, und man wird mit Ihnen malen oder Ihnen Korbflechten mit Pettigrohr beibringen. Letzteres ist übrigens richtig, richtig teuer, ganz im Gegensatz zu uns! Und ganz unter uns, man kann super mit uns üben, Verschnitt ist kein Problem – schließlich waren wir schon mal fast in der Tonne. Dieses Opfer bin ich gern bereit zu bringen! Letztlich habe ich damit jemandem beim Lernen geholfen.
In dem Zusammenhang sei erwähnt, dass wir natürlich perfekt für das Basteln mit Kindern geeignet sind. Dicke Nadeln, große Stiche, ungewöhnliche Projekte, keine Kosten. Noch Fragen? Sie wissen ja, die Schulung von Kreativität im Kindesalter vernetzt das Gehirn und produziert erfindungsreiche, ausgeglichene Erwachsene. Das war die Sache mit der einen und der anderen Hirnhälfte, die man immer mal mitbeanspruchen sollte. Ein Müll-Auge hilft ebenfalls im Beruf, mehr als man meint. Einmal um die Ecke denken! ->
-> Leider setzen sich viel zu wenige Menschen für mich ein. Es gibt bereits ein paar, die sammeln, uns nicht mehr aufreißen und in den Müll werfen. Auch gibt es Bastler, die ganze Anleitungen ins Internet stellen und zur Nachahmung freigegeben. Ein kleiner Sieg! Aber die Sache hat noch viel zu wenig Fahrt für meinen Geschmack. Also Butter bei die Fische. Machen Sie mit! Wir brauchen Sammler, Helfer und Kreative.
Die Hardcore-Kreativen lassen uns zu neuen Höhen aufsteigen. Da denkt keiner mehr an Müll, habe ich recht?
Darüber hinaus können wir der Künstler-Fraktion durchaus noch etwas beibringen. Warum hat Christo denn den Reichstag in nagelneuen, extra hergestellten Stoff gehüllt?
Antwort: Weil es ReDeKaSa noch nicht gab!
Was trägt das Projekt zur Vielfalt in unserer Stadt bei?
Ich bitte Sie! Wer, wenn nicht wir! Es entstehen praktische Dinge, Designobjekte und auch „Kunst“ aus Müll - da sind wir stolz drauf! Abendtäschchen aus Weihnachtsbaumhülle, College-Bag aus Mandarinennetzen - ReDeKaSa fügt sich 100%ig ein in Münster‘s Studentenwesen, Skulptur-Projekte und Haverkamp-Flair!
Warum ist das Projekt wichtig für unsere Stadt?
Ist es nicht, jedenfalls nicht nur für Münster. Es ist wichtig für jede Stadt, jedes Dorf und uns alle! ReDeKaSa bringt den Menschen das Zögern bei, wenn sie vor ihrem Mülleimer stehen. Sie sollen noch einmal überlegen, ob die Eis-Dose nicht doch noch als Kühlschrankbehälter dienen kann und die Styropor-Schale als Linoldruck-Platte für die Schule. Sie kennen diese Rechnungen: Wenn jeder Mensch nur einmal pro Tag eine Sache NICHT wegwirft, sondern ein zweites oder drittes Mal benutzt …
Aber, wie oben beschrieben, geht es nicht nur um das Nicht-Wegwerfen, sondern um Kreativität und Spielfreude, Verantwortung und Miteinander. Es müssen gar nicht immer Designer-Stücke entstehen. Not und Mangel fördern typischerweise Inspiration und Ideenreichtum. Die Menschen leiden keine Not und keinen Mangel, und das ist auch gut so; aber deshalb brauchen sie beim Ideen-Sehen manchmal etwas Hilfe. Diese liegen im Grunde auf der Straße, wenn ich mir unseren Sperrmüll so betrachte. Lasst uns den Kindern beibringen, wie Selbermachen geht!
Münster wird davon profitieren, die ReDeKaSa-Keimzelle gewesen zu sein. Stellen Sie sich doch nur mal die Buttons vor:
Münster – Geburtsstadt der Kartoffelsack-Bewegung
Ein Traum jedes Stadtführers!